- Impfaufklärung
- STIKO
- Wissenschaft
RSV-Fachbeitrag aktualisiert: Erster mRNA-RSV-Impfstoff in der EU per Standardverfahren zugelassen
Die Zulassungsbehörden scheinen aus den Erfahrungen mit den mRNA-basierten COVID-19-Impfstoffen nicht zu lernen. Die zahlreichen Probleme, welche die Impfstofftechnologie mit sich bringt und welche unter anderem in den ÄFI-Fachbeiträgen zu COVID-19 und Adjuvantien aufgezeigt wurden, hat nicht zu einem kritischeren Umgang geführt. Im Gegenteil: Nun kommt mit mRESVIA® erstmals ein mRNA-Impfstoff auch außerhalb von Pandemien und direkt mit regulärer Zulassung auf den Markt.
Deutliche Limitationen der Zulassungsstudie von mRESVIA®
Der Schutz vor Erkrankung wurde in den Zwischenergebnissen der noch laufenden Hauptstudie von 35.000 Teilnehmern zu mRESVIA® mit 63 % nach neun Monaten angegeben. Ähnlich wie bei den beiden anderen Aktivimpfstoffen liegt die absolute Risikoreduktion, welche das Risiko einbezieht, überhaupt an RSV zu erkranken, im niedrigen Dezimalstellenbereich. Bei 1000 geimpften Personen werden somit weniger als 5 RSV-bedingte Erkrankungen (0,44 % 9 Monate nach mRESVIA®) verhindert.
Der Einfluss auf Hospitalisierungen und Todesfälle wurde nicht untersucht. Ebenfalls unklar ist, wie sich der Impfstoff bei Über-80-Jährigen und gebrechlichen Personen auswirkt. Durch zu niedrige Fallzahlen konnte keine Effektivität berechnet werden. Auch bei der Dauer des Impfschutzes bleibt ein Fragezeichen. Die EMA hat den Hersteller Moderna dazu verpflichtet, weitere Daten hierzu und zu Auffrischimpfungen vorzulegen.
Immerhin liegen Daten zur Toxizität und Kanzerogenität durch Tierstudien vor. Demnach wurde das allgemeine Toxizitätspotential als gering eingestuft, das spezifische Genotoxizitätspotential des neuartigen Lipidbestandteils SM-102 als sehr gering. Auch die Studien zur Entwicklungs- und Reproduktionstoxizität lassen keine Gefahren erkennen. Daten zur Reproduktionstoxizität bei Männern (bzw. männlichen Tieren) liegen jedoch nicht vor.
Problematische STIKO-Empfehlungen
Die Aktivimpfstoffe Abrysvo® oder Arexvy® sind zwar schon vor knapp einem Jahr zugelassen worden, der Passivimpfstoff Beyfortus® sogar vor über zwei Jahren, doch die neuen Empfehlungen hat die STIKO erst vor kurzem ausgegeben. Seit August 2023 ist eine einmalige aktive Immunisierung für alle Personen ab 75 Jahren vorgesehen sowie für Personen, die in Pflegeeinrichtungen leben oder im Alter von 60 bis 74 Jahren eine Grunderkrankung aufweisen. Seit Juni 2024 empfiehlt die STIKO allen Neugeborenen und Säuglingen eine Dosis Beyfortus® vor oder in der ersten RSV-Saison.
Schon Anfang Juli hatte ÄFI auf die fehlende Sinnhaftigkeit der Standard-Empfehlung für Beyfortus® hingewiesen. Die hohe Gewichtung gesundheitsökonomischer Interessen gepaart mit der geringen Risikoreduktion, die das Produkt leistet, ist nicht nur aus Sicht der Ethik problematisch, sondern lässt auch den Fokus auf die Gesundheit als Zentrum ärztlichen Handelns verschwimmen. Es hat den Anschein, als würde die Empfehlung mehr den Herstellern als den Kindern nützen, die zukünftig durch von Beyfortus® ausgelöstes Fieber in den ersten Lebensmonaten unnötigen Behandlungsrisiken ausgesetzt sind.
Nicht anders ist es bei den Aktivimpfstoffen: Die derzeitige Studienlage reicht für die Ärztinnen und Ärzte für individuelle Impfentscheidung e. V. (ÄFI) schlicht nicht aus, um eine allgemeine Empfehlung für ältere Menschen auszusprechen. Viel zu breite Konfidenzintervalle, keine Impfeffektivität gegenüber schweren Erkrankungen oder Todesfällen, fehlende groß angelegte Beobachtungsstudien und viele weitere Aspekte im ÄFI-Fachbeitrag zeigen die Wissenslücken zu Abrysvo® oder Arexvy® auf.
Aktualisierte Tabellen und Abbildungen, erweitertes Glossar
Abgerundet wird der neue ÄFI-Fachbeitrag durch die Aktualisierung der Tabellen zu Inhaltsstoffen und Nebenwirkungen sowie einer angepassten Abbildung zu den zugelassenen Impfstoffen und Impfstoffkandidaten gegen RSV. Zudem wartet ein erweitertes Glossar auf die Leserinnen und Leser, welches das Textverständnis enorm erleichtert. Die nächste Aktualisierung erfolgt turnusmäßig nach einem Jahr.
Weitere Informationen: