Für Ärztinnen und Ärzte: Die ÄFI-Fortbildung
"Individuelle Impfberatung – evidenzbasiert und rechtssicher"
Zwei Fortbildungspunkte pro Modul
Mumps
Wie gefährlich ist die Ansteckung mit Mumps? Wie ist die derzeitige epidemiologische Situation in Deutschland? Wie effektiv ist eine Impfung? Welche Nebenwirkungen gibt es? Und wie lauten die STIKO-Empfehlungen?
Antworten auf diese und weitere Fragen finden Sie im nachfolgenden Fachbeitrag.
Vorbemerkung
Die folgenden Ausführungen dienen der Information und ersetzen keinesfalls das ärztliche Beratungsgespräch. Hier werden Fakten präsentiert, die Eltern wie auch Ärztinnen und Ärzten in einem Aufklärungsgespräch helfen können. Ärztinnen und Ärzte für individuelle Impfentscheidung e. V. (ÄFI) übernimmt keine Garantie für Vollständigkeit, hat die hier verfügbaren Inhalte jedoch nach bestem Wissen und mit wissenschaftlicher Unterstützung durch Dr. med. Steffen Rabe (impf-info.de) zusammengetragen. Über die wissenschaftliche Arbeit des Vereins erfahren Sie hier mehr. Der Fachbeitrag wird jährlich aktualisiert. Das dargelegte Wissen entspricht dem Kenntnisstand zum angegebenen Veröffentlichungsdatum.
Fachbeitrag
- Mumps: Die Erkrankung
Erreger
- Mumpsvirus
Infektionsmodus
- Tröpfcheninfektion
Epidemiologie
Bei der Epidemiologie der Mumps lassen sich viele der Phänomene beobachten, vor denen Kritiker der flächendeckenden Impfungen gegen sogenannte Kinderkrankheiten warnten und warnen:
- Vor Beginn der Mumpsimpfung lag das Haupterkrankungsalter bei 5 – 9-jährigen Kindern (RKI, 2021b). 90 % der Bevölkerung hatten Mumps bis zum 14. Geburtstag durchlebt, also in einem Alter, in dem die ohnehin seltenen Komplikationen noch seltener sind (Quinlisk, 2010).
- Laut Robert Koch-Institut liegt in Europa das Haupterkrankungsalter zwischen 15 und 19 Jahren (RKI, 2021b), 2020 waren in Deutschland 70 % der Mumps-Erkrankten 15. Jahre und älter (RKI, 2021a).
- Diese sogenannte „Rechtsverschiebung“ im Erkrankungsalter zeigte sich auch in den größeren Epidemien, die in den Jahren 2010 bis 2013 in Zentraleuropa stattfanden (Havlíčková et al., 2016; Hukic et al., 2014).
- „Dies ist von besonderem Interesse, da mit steigendem Erkrankungsalter eine Zunahme der Komplikationsrate im Rahmen der Mumps-Erkrankung beobachtet wird“ (RKI, 2021b).
Infektionsverlauf
- Inkubationszeit 2 – 3 Wochen
- Speicheldrüsenschwellung, anfangs meist ein-, dann beidseitig, Abstehen des Ohrläppchens, Fieber, Schmerzen im Drüsenbereich, reduzierter Allgemeinzustand.
- Selten: Befall der anderen Speicheldrüsen, noch seltener Befall anderer Organe (Bauchspeicheldrüse, ZNS, Keimdrüsen).
- Vor Jahren verliefen mindestens 30 – 40 % der Mumpsinfektionen ohne (typische) Symptome (RKI 2021b). Für 2020 registrierte das RKI bei 94 % der Erkrankungen eine typische ein- oder doppelseitige Speicheldrüsenschwellung (RKI, 2021a).
- Infektiosität 1 Woche vor bis 9 Tage nach Krankheitsbeginn.
Komplikationen
- Im Kindesalter kommt es sehr selten, bei Jugendlichen postpubertär in 25 % der Fälle zur Hodenentzündung. Davon sind 20 % beidseitig; bei postpubertärer Erkrankung folgt daraus selten („infrequently“) (CDC, 2010; McLean et al., 2013; RKI 2021b), bei Auftreten im Kindesalter praktisch niemals Unfruchtbarkeit (Dt. Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie 2000).
- Selten: Pankreatitis (Entzündung der Bauchspeicheldrüse).
- Eine meist mild verlaufende Begleitmeningitis tritt in bis zu 10 % der Fälle auf, eine ebenfalls meist mild verlaufende Meningoenzephalitis in 1:400 Fällen.
- Sehr selten: Bleibende einseitige Innenohrschwerhörigkeit/Taubheit (1:20.000); Befall anderer Organe (Schilddrüse, Gelenke, etc.).
- Mumpsvirus
- Mumps: Die Impfung
Hinweis: Die Mumps-Impfung kann mit den derzeit in Deutschland zugelassenen Präparaten nur in Form einer Masern-Mumps-Röteln-Kombination (MMR) bzw. als Masern-Mumps-Röteln-Windpocken-Kombination (MMRV) verimpft werden. Weitere Informationen zu Wirksamkeit und Nebenwirkungen der verfügbaren Kombinationsimpfstoffe finden Sie unter Masern: Die Impfung.
Wirksamkeit
- Die Mumpsimpfung ist, selbst wenn sie zweimal durchgeführt wird, ausgesprochen schlecht wirksam.
- In einer Übersicht der deutschen Fachzeitschrift „Kinder- und Jugendarzt“ heißt es:
„Die durch die Mumps-Erkrankung induzierte Immunität wird als dauerhaft und lebenslang angesehen. Dies kann für die zweifach als MMR-Impfung durchgeführte Immunisierung gegen Mumps nicht angenommen werden. [...] Mehrfache Ausbrüche in unterschiedlichen Ländern lassen Zweifel am ausreichenden Impfschutz aufkommen“ (Hower & Feucht, 2011).
- Für den in Deutschland verwendeten Mumps-Impfstamm „Jeryl Lynn” errechnet eine Metaanalyse der renommierten Cochrane-Collaboration eine Wirksamkeit von 70 – 80 % für zumindest eine Impfung (Demicheli 2012). Auch nach zwei Impfdosen liegt die Wirksamkeit wohl nicht über 80 % (Marin et al., 2008).
- Bei einem der größten Ausbrüche in den USA 2006 mit über 6500 Erkrankten waren mehr als 60 %, bei einem weiteren in den Jahren 2009/2010 75 % der Erkrankten zweimal geimpft (RKI, 2021b; CDC, 2010). Bei der Altersgruppe mit der höchsten Inzidenz im Rahmen der Epidemien (den 18- bis 24-Jährigen) waren 84 % der Erkrankten (Dayan et al., 2008), bei einem weiteren Ausbruch 2015 sogar 89 % der Erkrankten mindestens zweimal, teilweise (16 %) dreimal geimpft (Albertson et al., 2016).
- Der beim 2015er-Ausbruch untersuchte Schutzeffekt einer dritten Mumpsimpfung war nicht signifikant (Albertson et al., 2016), anders jedoch bei einem Mumpsausbruch 2015/16 in Iowa (USA): Hier schützte eine während der Epidemie durchgeführte dritte Impfung hochwirksam (Cardemil et al., 2017).
- Zu dem bei schlecht wirksamen Impfungen wie Keuchhusten oder Mumps gerne bemühten Argument, bei Geimpften verliefen die Erkrankungen dann zumindest milder, ist die Studienlage bei Mumps widersprüchlich: Bei einer großen Epidemie in Bosnien-Herzegowina (mehr als 7500 Erkrankte) gab es keinen Unterschied in der Komplikationshäufigkeit zwischen Geimpften und Ungeimpften (Hukic et al., 2014). Eine kleinere Untersuchung aus den Niederlanden findet eine knapp signifikante Differenz zumindest bei der Hodenentzündung (Gouma et al., 2016).
- Bei einem Mumpsausbruch 2015/2016 an einer US-amerikanischen Universität (301 Fälle) traten bei den 287 nachuntersuchten Patienten bei 20 Betroffenen Komplikationen (Hodenentzündungen, Hörverlust, Meningitis) auf; alle 20 waren mindestens zweimal gegen Mumps geimpft (Donahue et al., 2017).
- Erschwerend kommt auch bei Mumps hinzu - und hier wird dies mittlerweile auch von offizieller Seite wie dem RKI eingeräumt -, dass die Wirksamkeit der Impfung auch dadurch schlechter ist, weil es bei Geimpften nicht mehr zu Auffrisch-Effekten durch Kontakt mit Mumpskranken in der Bevölkerung kommt (RKI, 2021b).
- Es gibt hier also ein doppeltes Problem: zum einen ein relevantes sogenanntes primäres Impfversagen (Impfung schützt von vorneherein nur einen Teil der Geimpften) und ein sogenanntes sekundäres Impfversagen (eine zunächst wirksame Impfung lässt im Verlauf in ihrer Wirksamkeit nach). Beide Effekte addieren sich zu einer insgesamt schlechten Schutzwirkung der Impfung.
- Da die Impfung aber nicht vollständig wirkungslos ist (die Zahl der Mumpsfälle insgesamt hat durch die Einführung der Impfung abgenommen), kommt als zusätzlicher epidemiologischer Effekt hinzu, dass die Anzahl der Menschen, die in der Bevölkerung noch einen sicheren Mumpsschutz durch die im Kindesalter durchlebte Erkrankung haben, abnimmt. Hierdurch wird die viel zitierte und als Argument für die Impfung immer wieder ins Feld geführte „Herdenimmunität” in Frage gestellt (Kutty et al., 2010).
- Dies wurde in einer tschechischen Studie aus dem Jahr 2017 noch einmal eindrucksvoll bewiesen: In einer Untersuchung tschechischer Erwachsener auf Mumps-AK als Hinweis auf bestehenden Schutz wiesen ältere Erwachsene über 40 Jahre eindeutig am häufigsten Mumps-AK im Serum auf, sie hatten Mumps noch regelmäßig im Kindesalter durchlebt. In der Altersgruppe der 18 – 29-Jährigen hatten signifikant weniger Menschen nachweisbare Antikörper. In dieser Gruppe finden sich sowohl Geimpfte als auch Ungeimpfte. Dabei konnten bei den Mumps-Geimpften dieser Gruppe in weniger als 20 %, bei den Ungeimpften aber in fast 50 % der Untersuchten Mumps-AK nachgewiesen werden (Smetana et al., 2018).
- Auch wenn der Zusammenhang zwischen nachweisbaren Antikörpern und einem tatsächlichen Schutz bei Mumps weniger eindeutig ist als bei anderen Erkrankungen/Impfungen (s. u.): Dies stellt die Nachhaltigkeit der Mumpsimpfung massiv in Frage - und das in einem Land wie Tschechien, in dem seit jeher eine Impfpflicht herrscht. Die Autoren der Studie stellen selber einen möglichen Zusammenhang zwischen diesem (zumindest serologischen) sekundären Impfversagen und der Zunahme von Mumpsfällen bei den (von Komplikationen besonders bedrohten) Jugendlichen und jungen Erwachsenen her:
„[...] die Abnahme der Seropositivität, die nach der Impfung mit der Zeit auftritt. Dieses Nachlassen der Immunität könnte die höhere Anfälligkeit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen für Mumps erklären.“
- Die Wirksamkeit der Mumpsimpfung ist nicht zuletzt deshalb so schlecht zu beurteilen, da es hier - anders als z. B. bei den Masern - keine aussagekräftigen Laborwerte gibt, die eine Immunität beweisen:
„Obwohl Antikörpermessungen häufig als Ersatzmaßnahme für die Immunität verwendet werden, gibt es keine serologischen Tests für Mumps, die eine konsistente und zuverlässige Vorhersage der Immunität ermöglichen. [...] keine definitiven Korrelate des Schutzes identifiziert worden sind“ (McLean et al., 2013).
- Auch das RKI formuliert hier mehr als vorsichtig:
„Bei einem positiven Mumps-IgG ist die Wahrscheinlichkeit eines Schutzes höher als bei einem negativen Befund. [...] Zweifach MMR-geimpfte Personen gelten als bestmöglich [im Sinne von («besser ist nicht möglich») geschützt“ (RKI, 2014).
- Das RKI fasst - inhaltlich de facto selbstkritisch (ohne dies zu bemerken) - zusammen:
„Als Ursache für die Altersverschiebung und die Infektionen unter zweifach Geimpften werden vor allem ein über die Zeit abnehmender Impfschutz (Waning immunity), eine mangelnde Boosterung durch weniger zirkulierende Wildviren aufgrund von steigenden Impfquoten unter Kindern sowie mögliche Antigenunterschiede zwischen Impfstoffvirus und Ausbruchsstamm («Antigen-Mismatch») diskutiert“ (RKI, 2021b).
Epidemiologische Auswirkungen/ „Herdenimmunität”
Die Mumpsimpfung hat die Bevölkerungsimmunität in jedem Fall verändert - mit teils gewollten und teils ungewollten Effekten:
Gewollte Effekte der Impfstrategie
Es gibt insgesamt wohl weniger Mumpsfälle als vorher (dies muss geschätzt werden, da Mumps noch nicht sonderlich lange meldepflichtig sind).
Ungewollte Effekte der Impfstrategie
- Vor der Mumpsimpfung waren 90 % der Bevölkerung davor geschützt, an Mumps im (kritischeren) Erwachsenenalter zu erkranken – weil sie sie im (unkritischeren) Kindesalter durchlebt hatten, in aller Regel komplikationslos. Diesen Schutz für neun von zehn Erwachsenen schafft nach allem, was wir heute wissen, keine Mumps-Impfstrategie, nicht einmal bei einer (fiktiven) einhundertprozentigen Durchimpfungsrate!
- Die Bevölkerungsimmunität insgesamt ist in Teilen schlechter als vorher (weniger belastbare Immunität) (s.o.).
- Die Epidemiologie hat sich verändert: Rechtsverschiebung des Erkrankungsalters (s. Mumps - Die Erkrankung), damit einhergehend höheres Komplikationsrisiko der Betroffenen (s.o.). Dies gilt ausdrücklich auch für Geimpfte: Bei Geimpften, die aufgrund primären oder sekundären Impfversagens an Mumps erkranken, ist das Komplikationsrisiko bei Erwachsenen höher als bei Kindern (CDC, 2012).
Nebenwirkungen
- Mittlerweile wurde in mehreren Veröffentlichungen eine Hirnentzündung (Enzephalitis) mit einer vorübergehenden, im MRT nachweisbaren Hirnschädigung beschrieben, die durch den Nachweis des Impfvirus eindeutig der Mumpsimpfung zugeordnet werden konnte (Takanashi et al., 2015; Hara et al., 2011).
- Das nach der MMR-Impfung beobachtete Risiko einer Hirnhautentzündung scheint in seiner Höhe im Wesentlichen vom verwendeten Mumps-Impfstamm abzuhängen: Es ist am höchsten beim „Urabe“-Stamm (14-fach erhöht), gefolgt vom Leningrad-Zagreb-Stamm (in Deutschland werden diese beiden Stämme nicht verwendet) (Demicheli et al., 2012). Die Meningitis tritt typischerweise 3 – 5 Wochen nach der Impfung auf und wird daher oft nicht mehr mit dieser in Verbindung gebracht.
- Die im Rahmen einer Mumpserkrankung mögliche Hodenentzündung - für viele Eltern der entscheidende Grund für die Mumpsimpfung - wurde immer wieder als Impfkomplikation beschrieben (Kanda et al., 2013; Clifford et al., 2010, Suzuki et al., 2002).
- Während ältere Studien Diabetes mellitus (der auch als seltene Folge der Mumps-Erkrankung auftreten kann) (Helmke 1986, Fescharek et al., 1990) als Nebenwirkung angaben, zeigen aktuelle Studien eher keinen Zusammenhang (Glanz et al., 2021; Sevelsted et al., 2021).
- Taubheit und Verlust des Gleichgewichtssinnes (Rikitake et al., 2018, Asatryan et al., 2008, Kaga et al., 1998), wie sie in sehr seltenen Fällen auch nach Mumps auftreten können.
- Anders als bei z. B. der Masernimpfung ist eine Weiterverbreitung des Impfvirus durch Geimpfte bei Mumps immer wieder dokumentiert. Dies betrifft vor allem Impfstämme, die in Europa derzeit nicht verwendet werden. Es wird aber - selbst in impfeuphorischen Publikationen - auch für den hierzulande verwendeten Jeryl-Lynn-Stamm angenommen:
„Da der JL-Impfstamm jedoch bei einem kleinen Teil der Geimpften Parotitis verursachen kann, liegt die Vermutung nahe, dass der JL-Stamm im Speichel ausgeschieden werden kann“ (Rubin & Kennedy, 2022). - Da die Mumpsimpfung in Europa seit Jahren nur noch als MMR-Impfung verabreicht werden kann, gilt hier, was die Cochrane-Collaboration 2012 zu deren Sicherheit veröffentlichte:
„Das Design und die Berichterstattung über die Sicherheitsergebnisse der MMR-Impfstoffstudien, sowohl vor als auch nach der Vermarktung, sind weitgehend unzureichend. Die Hinweise auf unerwünschte Ereignisse nach der Immunisierung mit dem MMR-Impfstoff können nicht von seiner Rolle bei der Prävention der Zielkrankheiten getrennt werden“ (Demicheli et al., 2012).
- Mumps: Die STIKO-Empfehlungen
Die Empfehlungen
- Da ein monovalenter Mumps-Impfstoff in Deutschland nicht erhältlich ist, empfiehlt die STIKO zwei Impfstoffdosen eines MMR-Kombinationsimpfstoffes (Masern-Mumps-Röteln) im Alter von 11 und 15 Monaten.
- Es solle ein Abstand von mindestens 4 Wochen zwischen beiden Impfstoffdosen eingehalten werden.
- Weiterhin solle Personal in medizinischen Einrichtungen, Einrichtungen der Pflege, Gemeinschaftseinrichtungen, Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von AsylbewerberInnen, Ausreisepflichtigen, Flüchtlingen und Spätaussiedlern, sowie in Fach-, Berufs- und Hochschulen geimpft werden.
- Eine bereits bestehende Immunität gegen einen oder zwei der enthaltenen Erreger sei keine Kontrindikation.
- Für Schwangere ist der MMR-Impfstoff kontraindiziert, da es sich um einen Lebendimpfstoff handelt. Eine versehentliche Impfung stellt laut RKI keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch dar.
(Robert Koch-Institut, 2023)
Kritik an den STIKO Empfehlungen
- De facto kommt es durch das Masernschutzgesetz, wie auch das Bundesverfassungsgericht bestätigt, nicht nur zu einem Masern-Impfzwang, sondern auch zu einem Mumps- und Röteln-Impfzwang (Bundesverfassungsgericht, 2022). Die STIKO fordert hier keine Einführung von Einzelimpfstoffen, wodurch weiterhin eine Empfehlung gewährleistet bliebe, sondern toleriert den Impfzwang.
- Wenn das Ziel einer Impfstrategie ist, diejenigen zu schützen, die im Falle einer Erkrankung besonders gefährdet sind (und so wird von Seiten der STIKO z. B. bei Masern immer wieder argumentiert), dann ist die flächendeckende Mumpsimpfung im Kindesalter kontraproduktiv und die Strategie hier gescheitert: Ohne Impfung sind 90 % der durch Komplikationen besonders gefährdeten Erwachsenen lebenslang sicher geschützt (und dies bei einer vernachlässigbaren Komplikationsrate von Mumps im Kindesalter). Die Impfung hingegen ist weit davon entfernt, diesen Schutz zu erreichen.
Wenn die STIKO also in ihren Standard Operation Procedures (SOP) schreibt:
„Die STIKO führt bei der Erarbeitung von Impfempfehlungen in erster Linie eine Risiko-Nutzen-Bewertung durch. Dabei ist neben dem individuellen Nutzen für die geimpfte Person, auch der Nutzen einer Impfung für die ganze Bevölkerung zu sehen, der durch Herdeneffekte erreicht werden kann und sogar in bestimmten Fällen die Eliminierung einer Erkrankung möglich macht. Es kann aber auch unerwünschte negative Effekte eines Impfprogramms auf Populationsebene geben (z. B. Replacement-Phänomene, Altersverschiebung der Krankheitslast), die bei der Entwicklung einer Impfempfehlung Berücksichtigung finden müssen“ (STIKO, 2018),
müsste sie konsequenterweise die Empfehlung der Mumps-Impfung aufheben.
- Literaturverzeichnis
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Dayan, G. H., Quinlisk, M. P., Parker, A. A., Barskey, A. E., Harris, M. L., Schwartz, J. M. H., Hunt, K., Finley, C. G., Leschinsky, D. P., O’Keefe, A. L., Clayton, J., Kightlinger, L. K., Dietle, E. G., Berg, J., Kenyon, C. L., Goldstein, S. T., Stokley, S. K., Redd, S. B., Rota, P. A., . . . Seward, J. F. (2008, 10. April). Recent Resurgence of Mumps in the United States. New England Journal of Medicine, 358(15), 1580–1589. https://doi.org/10.1056/nejmoa0706589
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Stand: 15. Okt. 2024
Nächste Aktualisierung: 15. Okt. 2025