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Grippesaison 2024/2025 hat begonnen: Fachbeiträge zu Influenza und Keuchhusten aktualisiert
Jüngst titelte die BILD-Zeitung: „Rekordhoch! Keuchhusten-Fälle versechsfacht“. Seit Anfang des Jahres wurden dem Robert Koch-Institut (RKI) fast 20.000 Fälle gemeldet. Das ist der höchste Stand seit Einführung der Meldepflicht im Jahr 2013. Als Gründe für den Anstieg wurden unter anderem Aufholeffekte nach den Maßnahmen während der Corona-Pandemie genannt. Was jedoch nicht als Grund in Betracht gezogen wird: die Keuchhusten-Impfung.
Seit dem Umstieg vom häufiger mit (auch schweren) Nebenwirkungen einhergehenden Ganzzell-Impfstoff im Jahr 1998 auf die neuen azellulären Impfstoffe wird ein Anstieg der Infektions- und Erkrankungszahlen beobachtet. Dies liegt einerseits daran, dass die neuen Impfstoffe keine Herdenimmunität vermitteln können, die Zirkulation des Bakteriums in der Bevölkerung also nicht verhindert werden kann.
Andererseits wird auch eine evolutionäre Weiterentwicklung von B. pertussis durch die Impfstoffe immer wieder ins Spiel gebracht. Generell ist die Impfeffektivität mit 53–64 % je nach Altersgruppe maximal mittelmäßig, die Dauer des Schutzeffektes unabhängig von der Anzahl verabreichter Impfdosen mit drei Jahren recht kurz.
Aktuelle Impfpläne überdenken
So folgern französische Forscher einer pädiatrischen Pneumologie-Abteilung aufgrund der sehr limitierten Eigenschaften der verfügbaren Impfstoffe und dem weltweiten Anstieg der Fälle, die Impfpläne generell zu überdenken. Insbesondere die Erhöhung der Mutationsrate des Bakteriums wird kritisch gesehen und könnte selbst in Populationen mit hoher Impfquote zu Ausbrüchen führen, die über das zu erwartende Maß hinausgehen.
Keinen Schutz bieten die Impfstoffe gegen Keuchhusten-Fälle, die durch den Erreger B. parapertussis ausgelöst werden. Seit einigen Jahren steigen die Erkrankungsfälle, welche durch dieses Bakterium ausgelöst werden. Das klinische Krankheitsbild durch B. parapertussis ist jedoch kürzer und milder.
Klar ist jedenfalls, wie ÄFI bereits in einem im Juni 2024 veröffentlichten Beitrag aufgezeigt hat, dass sich die aktuelle Situation nicht durch die schiere Quantität der verabreichten Impfungen lösen lässt. Auch die Medien täten gut daran, über die Limitationen der derzeitigen Strategie aufzuklären.
Influenza-Impfstoffe ebenfalls stark limitiert
Bei den Influenza-Impfstoffen ist es ähnlich: Eine Auswertung der Datenlage der Forscher Vinay Prasad und John P. Ioannidis zeigt auf, mit welchen erheblichen Unsicherheiten Impfstoffe gegen Atemwegserkrankungen behaftet sind. Bisher seien hauptsächlich stark störanfällige Beobachtungsstudien zur Influenza-Impfung veröffentlicht worden. Dementsprechend brauche es einen neuen Forschungsrahmen, der experimentelle Studien durch einen pragmatischeren Ansatz ermöglicht.
Schon das Nachweis einer statistisch signifikanten Impfeffektivität gegen die Erkrankung gestaltet sich in vielen Studien als schwierig. Für die Verhinderung einer laborbestätigten Influenza-Infektion durch Impfung werden jedoch meist keine oder nicht quantifizierbare Effekte festgestellt. Dementsprechend gibt es kaum Anhaltspunkte für eine nennenswerte Auswirkung der Impfstoffe auf die Übertragung, geschweige denn für die Erreichung einer Herdenimmunität.
Dies hält die STIKO jedoch nicht davon ab, ihre Impfempfehlung für medizinisches Personal aufrechtzuerhalten: „Die Influenza-Impfung dient dem individuellen Schutz des Personals vor der Erkrankung und reduziert die Weiterverbreitung des Virus in den Einrichtungen“.
In einer Onlinebefragung von über 8.000 Klinikmitarbeitern aus 72 Krankenhäusern zur Influenza-Impfung des RKI (OKaPII) scheint sich jedenfalls genau das widerzuspiegeln: Trotz STIKO-Empfehlung haben sich nur 58 % der Befragten impfen lassen. Bei Ärztinnen und Ärzten lag die Quote bei 81 %, bei Pflegerinnen und Pflegern nur bei 49 %.
Für die Ärztinnen und Ärzte für individuelle Impfentscheidung e. V. (ÄFI) ergibt sich daraus ein klarer Zusammenhang: Wären die Influenza-Impfstoffe in ihrer Wirksamkeit nicht so begrenzt, würde sich auch mehr Personal im Gesundheitswesen impfen lassen. Entsprechend wurden auch die Gründe für eine Nicht-Impfung angegeben: fehlende Notwendigkeit und mangelndes Vertrauen in die Sicherheit.
Diese und weitere Neuerungen, wie etwa die aktualisierten Tabellen zu den Influenza-Impfstoffen für 2024/2025, sind nun in den jeweiligen Fachbeiträgen verfügbar.