- Impfaufklärung
- Wissenschaft
Fachbeitrag aktualisiert: Neue Entwicklungen zur Polio-Ausrottung
Da die meisten Impfstoffe gegen Poliomyelitis mehrere Komponenten enthalten, hat ÄFI vor kurzem im Zuge der Aktualisierung seines Tetanus-Fachbeitrages umfangreiche Ergänzungen zu Inhaltsstoffen und Nebenwirkungen am Polio-Fachbeitrag vorgenommen. Die jetzigen Neuerungen betreffen vor allem aktuelle Entwicklungen und Probleme bei der Eradizierung sowie neue Abbildungen zu weltweiten Impfschemata und Polio-Fällen.
So wurden bisher im Jahr 2024 (Stand: Juni) fast so viele Fälle gemeldet wie für das gesamte Jahr 2023 (10 bzw. 12, aber immer noch deutlich weniger als für das Jahr 2022 mit 28). Darum haben sich die Regierungen in Afghanistan und Pakistan im Juni 2024 für landesweite Impfkampagnen ausgesprochen.
Seit der Zulassung im Emergency Use Listing durch die WHO 2020 steht ein neuer Schluckimpfstoff (nOPV2) zur Verfügung. Die enthaltenen Lebendviren wurden an fünf Stellen genetisch verändert, wodurch sie weniger anfällig für Mutationen und damit für das Auftreten von vakzinassoziierter Poliomyelitis (VAPP) sein sollen. Solche Fälle sind jedoch bereits aufgetreten.
Während OPV-Impfstoffe theoretisch einen Herdenschutz über eine Darmschleimhautimmunität erzeugen können, ist der tatsächlich erzeugte Schutz aber von vielen Faktoren abhängig und liegt in einkommensschwachen Ländern niedriger als in einkommensstarken Ländern.
Die niedrigere Impfstoffeffektivität scheint auch mit dem nOPV2 nicht gelöst worden zu sein. Einige Forscher formulieren deshalb bereits Kritik. So sollen alle Fälle, bei denen Polio 2023 in Afghanistan aufgetreten ist, bereits mit nOPV2 geimpft worden seien. Da der Impfstoff in der Wirksamkeit, dem wesentlichen Problem dieser Impfstofftechnologie, nicht höher ist als die bisherigen OPV-Impfstoffe, sei das Ziel einer Eradizierung von Polio bis 2023 nicht realistisch gewesen.
Es bleibt wahrscheinlich eine Frage der Zeit, bis die gesamte Welt poliofrei ist. Bis dahin regen die Forscher Christine Stabell Benn und Peter Aaby an, über einen Plan nach der Eradizierung nachzudenken. Denn: OPV scheinen positive nicht-spezifische Effekte aufzuweisen. So wurde eine Verringerung der Kindersterblichkeit (alle Ursachen) um bis zu 25 % durch OPV berechnet. Sobald die Polio-Impfprogramme gestoppt werden, müssen daher nachteilige Effekte abgefedert werden, damit die Kindersterblichkeit nicht ansteigt.
Diese und weitere Informationen finden sich in aller Ausführlichkeit im aktualisierten ÄFI-Fachbeitrag zu Poliomyelitis.
Weitere Informationen: