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Was der Arbeitgeber zum Impfstatus wissen darf: Die häufigsten Fragen und Antworten (FAQs)
1. Gibt es eine gesetzliche Regelung, die es Arbeitgebern überhaupt erlaubt, den Impfstatus abzufragen?
Arbeitgeber dürfen den Impfstatus nur im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) Paragraph (§) 23a IfSG abfragen. Dieser Paragraph besagt, dass übertragbare Krankheiten eine Auswirkung auf die Erfüllung des Beschäftigungsverhältnisses haben können und daher der Impf- und Serostatus, der einen Einfluss auf die Transmission von Infektionserkrankungen hat, durch den Arbeitgeber erfasst werden darf.
2. Gilt IfSG § 23a für alle Arten von Tätigkeitsfeldern?
Nur medizinbezogene Einrichtungen sind vom § 23a IfSG betroffen. Für sie liegt eine besondere Verpflichtung vor, mittels Maßnahmen sogenannte "nosokomiale Infektionen" zu verhüten (vgl. § 23 Abs. 3 IfSG). Dabei handelt es sich um lokale und systemische Infektionssymptome, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Weitergabe von Erregern durch stationäre oder ambulante medizinische Maßnahmen stehen.
Leiter von medizinischen Einrichtungen müssen also besondere Vorkehrungen treffen, um Patienten vor der Infektionsgefahr durch Mitarbeiter abhängig vom Tätigkeitsbereich (entsprechend des Risikos in der Tabelle unter Frage 6) zu schützen. Die Erhebung von Impf- und Serostatus zählt zu solchen Vorkehrungen.
Zu den medizinischen Einrichtungen zählen laut § 23 Abs. 3 Satz 1 IfSG:
- Krankenhäuser,
- Einrichtungen für ambulantes Operieren,
- Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine den Krankenhäusern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt,
- Dialyseeinrichtungen,
- Tageskliniken,
- Entbindungseinrichtungen,
- Behandlungs- oder Versorgungseinrichtungen, die mit den vorstehend benannten Einrichtungen vergleichbar sind,
- Arztpraxen, Zahnarztpraxen, psychotherapeutische Praxen
- Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe,
- Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medizinische Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulante Behandlungen durchgeführt werden,
- Rettungsdienste und Einrichtungen des Zivil- und Katastrophenschutzes.
Das Recht des Arbeitgebers zur Abfrage des Impfschutzes und der natürlichen Immunität besteht nur, soweit dies zur Pflichterfüllung nach § 23 Abs. 3 IfSG erforderlich ist. Damit hängt der Umfang des Fragerechts von dem Infektionsrisiko ab, das von dem Beschäftigten an seinem konkreten Arbeitsplatz für das dort zu betreuende Patientenklientel ausgeht.
3. Dürfen nicht-medizinbezogene Arbeitgeber den Impfstatus nicht abfragen?
Auch wenn § 23a des IfSG sich ausschließlich an medizinbezogene Arbeitgeber richtet, heißt dies nicht zwangsläufig, dass nicht auch Arbeitgeber in anderen Tätigkeitsfeldern mit der Verarbeitung von Daten zum Impfstatus in Berührung kommen.
In Deutschland sind Unternehmen nach dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) unabhängig von der Betriebsgröße verpflichtet, einen Betriebsarzt zu engagieren. Der Umfang und die Aufgaben sind in den Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) geregelt.
Im Rahmen von betrieblichen Vorsorgeuntersuchungen (Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge – ArbMedVV) sollen Arbeitnehmern Impfungen nur dann angeboten werden, wenn ein erhöhtes Risiko im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung besteht (§ 6 Abs. 2 S. 3 ArbMedVV). Ob dieses erhöhte Risiko vorliegt, muss nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung durch den Betriebsarzt klar bewiesen werden.
Sollte eine solche Situation vorliegen, in der nicht bei einzelnen, sondern grundsätzlich bei allen Beschäftigten der entsprechenden Tätigkeit ein erhöhtes Risiko vorliegt, und in der der Impfschutz unklar oder nicht ausreichend ist, darf der Betriebsarzt ein Impfangebot unterbreiten (§ 6 Abs. 2 S. 3 ArbMedVV).
Wichtig: Die Annahme oder Ablehnung von Impfangeboten darf für Arbeitnehmer keine rechtlichen Nachteile mit sich bringen (auch nicht hinsichtlich des Auftretens von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten). Dem Arbeitnehmer dürfen Informationen wie Anamnesen und Befunde (z. B. Laborbefunde wie Masern-Antikörper-Titer) auf Wunsch zur Verfügung gestellt werden – gegenüber dem Arbeitgeber gilt das übliche ärztliche Standesrecht (ärztliche Schweigepflicht) (BR-Drs. 327/13).
Erfahrungen von arbeitsmedizinisch tätigen ÄFI-Mitgliedern zeigen, dass vertrauliche Informationen von Beschäftigten i. d. R. nicht weitergeleitet werden. Bei betriebsärztlichen Diensten sorgen Compliance-Abteilungen für die Einhaltung von geltenden Gesetzen. Wie lange Informationen zum Impfstatus gespeichert werden, ist jedoch selbst Betriebsärzten nicht unbedingt bekannt.
4. Welche Konsequenzen können durch die Abfrage des Impfstatus durch Arbeitgeber medizinischer Einrichtungen nach § 23a IfSG entstehen?
Der § 23a des Infektionsschutzgesetzes erlaubt ausschließlich eine Verarbeitung von Daten zu Zwecken der Begründung sowie der Art und Weise der Beschäftigung. Auf seiner Grundlage soll entschieden werden, ob ein Bewerber oder Mitarbeiter mit seinem aktuellen Impf- bzw. Serostatus in dem Unternehmen ohne Risiko für die Patienten eingesetzt werden kann. Sollte das Weisungsrecht des Arbeitgebers, Auskünfte oder Nachweise zu verlangen, vom Bewerber oder Mitarbeiter abgelehnt werden, ist der Arbeitgeber durch § 23a IfSG rechtlich abgesichert (z. B. vor Rechtsfolgen durch Ungleichbehandlung), wenn er die Ablehnung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem fehlenden Impf- bzw. Seroschutz begründet.
Die Erforderlichkeit der Datenverarbeitung ist jedoch auch vom Tätigkeitsfeld bzw. den Patientenkontakten des Mitarbeiters abhängig. Bestimmte Patientengruppen sind besonders schutzbedürftig, beispielsweise Frühgeborene, die eine höhere Gefährdung durch Infektionskrankheiten zu erwarten haben. Mitarbeiter in neonatologischen Stationen müssen entsprechend mehr Nachweise erbringen als Verwaltungspersonal ohne Patientenkontakt.
Weiterhin unterschieden werden muss zwischen erforderlichen Impfungen, die laut der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am Robert Koch-Institut eine Voraussetzung für das Beschäftigungsverhältnis darstellen, und empfohlenen Impfungen, die keine solche Voraussetzung darstellen (s. Tabelle der KRINKO).
5. Warum werden Impfungen als notwendig für die Erfüllung des Beschäftigungsverhältnisses angesehen?
Politische Entscheidungsträger und Gesundheitsbehörden nehmen an, dass Impfstoffe "regelmäßig" dazu in der Lage sind, geimpfte Personen gegen die Krankheit zu immunisieren und die Weitergabe des Erregers zu unterbinden. Ungeimpfte Personen werden somit als Risiko für die Patienten wahrgenommen, da sie Viren, Bakterien und andere Erreger eher weitergeben und Patienten somit gefährden könnten. Jedoch darf der Impfschutz nur erhoben werden, wenn die Impfung nicht nur einen Individualschutz, sondern auch einen Fremdschutz bietet. Erst dann wird der Zweck der Schutzimpfung zur Erfüllung des Beschäftigungsverhältnisses erfüllt, den Schutz der Patienten durch die verringerte Infektionsgefahr von Mitarbeitern zu gewährleisten.
Arbeitgeber können sich hierfür auf die im IfSG verankerte KRINKO stützen (§ 23 Abs. 3 S. 1 IfSG), die anhand der aktuellen medizinischen Literatur Empfehlungen erstellt, welche Impfungen nach ihrer Ansicht einen Fremdschutz bieten können (BT-Drucksache, 18/5261, S. 63).
6. Welche Impfungen werden aktuell durch die KRINKO für Mitarbeiter in medizinbezogenen Einrichtungen empfohlen?
Die Empfehlungen KRINKO richten sich nach Arbeitsbereichen bzw. Patientenkontakten und sind nach Risikostufen eingeteilt. Folgende Tabelle der KRINKO bietet einen Überblick:
Hohes Risiko (A) | Mittleres Risiko (B) | Niedriges Risiko (C) |
Patientenkontakt oder Arbeitsbereich | ||
Regelmäßiger Kontakt zu immunkompromittierten oder besonders vulnerablen Patienten, Tätigkeit in einer der folgenden Bereiche:
| Direkter Kontakt zu Patienten bei ärztlichen, pflegerischen oder therapeutischen Maßnahmen, regelmäßiger direkter Kontakt zu Patienten bei anderen Tätigkeiten, Kontakt zu Blut, Sekreten, Exkreten, Probenmaterial oder kontaminierten Geräten bzw. Oberflächen Tätigkeit in einem der folgenden Bereiche:
| Kein direkter Kontakt zu Patienten Kein direkter Kontakt zu Blut, Sekreten, Exkreten, potenziell kontaminiertem Material oder kontaminierten Flächen Der zufällige Kontakt mit Patienten unterscheidet sich nicht von dem der Besucher der Einrichtung (z. B. in Aufzügen oder in der Cafeteria). |
Berufsgruppen / Tätigkeiten | ||
Alle Berufsgruppen mit Kontakt zu immunkompromittierten bzw. besonders vulnerablen Patienten oder Tätigkeiten in den oben genannten Bereichen | Umfasst (ist aber nicht beschränkt auf) folgende Personengruppen:
| Umfasst (aber nicht beschränkt auf) folgende Personengruppen:
|
Zum Patientenschutz erforderliche Impfungen | ||
Masern*, Mumps, Röteln (MMR) Varizellen | Masern*, Mumps, Röteln (MMR) Varizellen nach Risikobewertung | Masern* |
Zum Patientenschutz empfohlene Impfungen | ||
Influenza Pertussis COVID-19 (alternativ Expositionsprophylaxe) | Influenza Pertussis COVID-19 (alternativ Expositionsprophylaxe) | – |
Tabelle: Risikobewertung der KRINKO. Bereiche in Gesundheitseinrichtungen mit hohem (A), mittlerem (B) oder niedrigem (C) Risiko der Übertragung von Infektionen vom Personal auf Patienten oder umgekehrt und jeweils erforderliche Schutz- impfungen bzw. Immunität. *Nachweispflicht gemäß § 20 Absatz 8 Infektionsschutzgesetz (IfSG) (Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention, 2023).
7. Welche Nachweise müssen zum Impfstatus wie erbracht werden?
Im Rahmen der Vorstellung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge durch den Betriebsarzt erfolgt mit der Genehmigung des Bewerbers oder Beschäftigten die Erhebung von Daten zum Impf- oder Serostatus. Dem Betriebsarzt kommt hierbei eine dokumentarische und eine bewertende Aufgabe zu. Der Betriebsarzt kann bei entsprechenden Impflücken ein Impfangebot unterbreiten.
Da das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschäftigten (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) gewahrt werden muss und der Arbeitgeber an Diagnosen und Befunden von Einstellungsuntersuchungen kein Interesse geltend machen kann, darf der Betriebsarzt der Einrichtungsleitung ein Ergebnis nur in Form von „geeignet“, „nicht geeignet“ oder „geeignet unter folgenden Auflagen …“ mitteilen.
Im Falle der durch das Masernschutzgesetz geregelten Masern-Impfpflicht für Mitarbeiter in medizinischen Einrichtungen ist vor Beschäftigungsbeginn eines der folgenden Dokumente nach § 20 Abs. 9 IfSG vorzulegen:
- Impfdokumentation nach § 22 Abs. 1 / Abs. 2 IfSG
- Ärztliches Zeugnis (auch in Form einer Dokumentation gem. § 26 Abs. 2 S. 4 SGB V), dass ein ausreichender Impfschutz besteht
- Ärztliches Zeugnis darüber, dass eine Immunität gegen Masern vorliegt oder aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden kann
- Bestätigung einer staatlichen Stelle oder der Leitung einer anderen nach § 20 Abs. 8 S. 1 IfSG genannten Einrichtung darüber, dass ein Nachweis bereits vorgelegen hat
Eine zweifache Schutzimpfung muss nicht nachgewiesen werden. Eine einmalige Impfung mit anschließender Titer-Bestimmung und ärztlichem Zeugnis ist ausreichend. Da in Deutschland praktisch kein Einzelimpfstoff mehr gegen Masern zur Verfügung steht, sondern nur noch Kombinationsimpfstoffe, die mindestens auch gegen Mumps und Röteln immunisieren, handelt es sich beim Masernschutzgesetz de facto um eine Nachweispflicht gegen Masern, Mumps und Röteln, wie auch das Bundesverfassungsgericht bestätigt hat (1 BvR 469/20 – 1 BvR 472/20).
Sollten die genannten Dokumente nicht vorgelegt werden, darf die Person nach § 20 Abs. 9 S. 6 IfSG nicht in medizinbezogenen Einrichtungen beschäftigt werden. Diese Regelung gilt jedoch nur bei Personen, die nach 1970 geboren sind. Bei bereits Beschäftigten galt bis 2023 eine Übergangspflicht zum Nachweis der Masern-Immunität. Hier sieht das Gesetz bei fehlendem Nachweis kein automatisches Betretungsverbot vor, stattdessen obliegt dem Gesundheitsamt die Entscheidung über entsprechende Sanktionen (vgl. § 20 Abs. 10 IfSG).
Auch für andere Impfungen (z. B. gegen Pertussis, Influenza) gelten die genannten Dokumente als Nachweis.
8. Sind auch Praktikanten und Auszubildende von diesen Regelungen betroffen?
Ja, es wird kein Unterschied zwischen Beschäftigten gemacht, es gilt § 26 Abs. 8 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).
9. Hat das Inkrafttreten der DSGVO einen Einfluss auf § 23a des IfSG?
Gesundheitsdaten sind sensible personenbezogene Daten, deren Verarbeitung durch den Arbeitgeber vom Grundsatz her untersagt sind (vgl. Art. 9 Abs. 1 DSGVO). Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der europäischen Union enthält jedoch Öffnungsklauseln zu Gesundheitsdaten (Art. 9) und Beschäftigungsdaten (Art. 88), durch welche Mitgliedsstaaten erlaubt wird, nationale Rechtsvorschriften zur Datenverarbeitung zu erlassen. Insofern gilt § 23 IfSG seit Inkrafttreten der DSGVO am 25.5.2018 weiter ohne Einschränkung.
Hinweis:
Der Beitrag wurde mit juristischer Fachberatung durch Fachanwalt für Medizinrecht, Jan Matthias Hesse der Kanzlei Keller & Kollegen (Stuttgart) erstellt.